Naseweisheiten
Jeden Tag wird eine andere Sau durchs Dorf gehetzt.
Heute Monsanto, morgen eine andere Adresse, auf die man böse sein soll.
Das Schöne an dieser Betrachtungsweise: wenn diese Säue der öffentlichen Missbilligung vorgeworfen werden, ist das tatsächliche Problem aus dem Schneider, weil zum Charakterproblem verfabelt.
Es liegt dieser Denkfigur zufolge an den miesen Lobbyisten, nicht an der Atomindustrie...Es gibt keine Ruinierung von Mensch und Umwelt, es gibt nur Monsanto und Nestle, usw.....
Personalisierung: der Mensch im Mittelpunkt ist immer der Un -Mensch.
Persona (lateinisch: Maske)
Vom neuen System über Nacht vom gesellschaftlichen Höchstwert zum Taugenichts erklärt werden...macht die ewigen Nicht-Umgeworfenen stärker. In ihrem Stolz auf ihre Lebensleistung.
Pfaffenwitzchen
Sind die Normen der Erwerbspflichtigkeit erst einmal gut verinnerlicht, darf mit ihrer Verletzung kokettiert werden.
So wird das Leben des wohlsituierten und wohltemperierten Zeitgenossen zu einem einzigen Boulevardstück.
Woran man ideologische Kunst erkennt
Einer gemalten Dame kann man nicht unter den Rock schauen, einem gemalten oder skulptierten Antlitz aber schon. Direkt ins Gesicht.
Da keiner sich gern von jedem dahergelaufenen Dödel notzüchtigen lässt, erklärt man sich deren Erfolg beim Überrumpeln gemeinhin aus ihrem Charisma.
Pathetik
Es gibt Menschen, die sich lieber der grauenhaftesten Verbrechen bezichtigen, als darauf zu verzichten, ebenso erbärmliche Narren wie sie selbst, mit sich selbst beeindrucken zu wollen.
Personalisierung
Die literarisch sich entäußernden und alle anderen Schamanen zerfallen spätestens seit 1789 in die Front der affirmativen Sinnstifter mitten im Unsinn einerseits. Und jene Frondeure, denen daran was auffällt, andererseits.
Letztere hat man als anständiger Mensch - unabhängig vom gerade Verhandelten – Scheelsüchtige zu nennen, ressentimentgeladene Menschen, die sich selbst nicht leiden können, und - Gnade uns Gott! – am liebsten selber an der Stelle der Kritisierten säßen.
Wahlweise – weil es ja nur um die Methodologie des Fertigmachens geht - kann man sie auch der autistischen Selbstbezüglichkeit, der narzisstischen Selbstgefälligkeit.... zeihen.
Mit dem - gelegentlich sehr hemdsärmeligen - Goethe kann man diese missvergnügten Umtriebigen auch als „Die Aufgeregten“ lächerlich machen.
Sollte tatsächlich irgendeiner von den Abservierten den in der Personalisierung vorgenommenen Themenwechsel bemerken, bleibt ihren braven Kritikern immer noch das Bewusstsein, die zweifellos besseren Menschen zu sein.
Ich, zuverlässiger Steuermann eines Schiffes voller Helden und Narren, sage euch: Was ich hier an Verlusterlebnissen aufschreibe ist wahr, bis wer anderer hier vorbeikommt und die Welt in seinem eigenen Stil umarrangiert.
Panik
kommt beim Beobachter auf, hört er den Ruf nach Visionären.
Parteilichkeit
Gebildete stehen gewöhnlich höher als auf den Zinnen der Parteien, also mit beiden Beinen voll in der Luft.
Diese Position erlaubt ihnen eine genaue Ortung und Einschätzung des stärkeren der Bataillone.
Der paradoxe Tiefsinn des „Werde, der du bist“ verbirgt verschmitzt die Unmöglichkeit jeglicher Realisierung.
Der Igel ruft prompt „Werde“, sobald der Hase da ist.
Novellenproduktion
"Geben ist seliger denn nehmen."
Sagte des Gesetzes Geber und bescherte eine weitere Novellierung.
Ordnung der Dinge
Foucaults „Archäologie der Humanwissenschaften“ legt die längst erodierten Fundamente des Humanismus in ihrer Zerfressenheit frei und traut sich zu wetten „dass der Mensch verschwindet wie am Meerufer ein Gesicht im Sand.“
Alle ernsthafteren Denker von der rechten Kulturkritik eines Ernst Jünger bis zu den neuesten bourgeoisiekritischen Theoretikern (Immanuel Wallerstein) sind sich darin einig, dass die Vorstellung einer am Maß des Menschen ausgerichteten Organisationsform des Wissens der Vergangenheit angehört und einer dem Subjekt gegenüber höchst indifferenten Ordnung der Dinge gewichen ist.
Als phänomenologische Beschreibung sieht das den Realien täuschend ähnlich.
Dass aber diese Ordnung ein unabhängig vom Willen des Subjekts zustande gekommenes Werk sein soll, bleibt bloße Behauptung.
Man kann auch anders und anderes wollen.
Haargenau so ein Glücksritter wie wir, der aber ärgerlicherweise auch noch Erfolg dabei hat.
Oral history
Der Zeitzeuge versichert, dass er um ein Haar das sinkende Schiff gerettet hätte. Auf Nachfrage hin gibt er zu: “Na ja, aber ohne mich wäre es nicht gegangen.“
Stimmt. Ohne Mitmacher geht es nie.
Ordnung
Dem Eigentümer war noch jede Ordination von Ordnungswächtern recht.
Auch ohne Lateinkenntnisse war ihm klar, dass „ordo“ die Hierarchie des Affenfelsens von den Theatersitzreihen bis zu den Ruderbänken hieß, und die Ordonnanzen in Reih und Glied das Casino zu bedienen haben.
Nach Gebühr geht eben nichts wider alle Ordnung. Basta.
Den Zenturionen und anderen Rangklassen von Ordnungshütern wurde seither erzählt, dass sie die Rahmenbedingungen beim zivilisatorischen Aufbau einer Völkerfamilie seien.
lebt von der hartnäckigen Unterstellung der Kulturpflegerei, es liefen im Großen des Ganzen lauter Leute herum, die keine Abziehbilder wären.
Museen
Auch der museale Kulturschutz hat seine Meriten.
Seit die Feuerländer seinerzeit unter den Schutz der Salesianer – Mönche gestellt wurden, gibt es sie nicht mehr.
Mineralienkunde
Der holt sich beim Streicheln blutige Finger, der den Kristall eines Kinderherzens zerschlug.
als ausgesprochene Wohlfühlphilosophie kommt deswegen so gut an, weil man sich als einzelner Leut so angesprochen fühlt, wie das, was man erst werden soll: ein Mensch.
Zudem ist das nur halb so verlogen, wie jene Programme, die den Verwursteten als Menschen propagieren.
1) Ihre Unantastbarkeit zu bezweifeln, zeugt von einer Verkennung ihrer Wesensart.
In dem dichterischen ...“dass der Mensch zum Menschen würde“ kommt ihr irreal - konjunktivischer Charakter sehr gut heraus.
Auch haben die Spaßvögel wohl nicht so ganz unrecht mit ihrem: „ Menschenwürde! Drei Schritt vortreten. Hinlegen! Aufstehen! . Hinlegen!.“
2) Unantastbar im Sinne des Grundgesetzes, also als durchaus zur Disposition stehendes Gut, zeigt sie sich einem, der eine Arbeitserlaubnis besitzt, also nicht in Abschiebehaft sitzt, der so und so lange hier lebte, der hinreichende Deutschkenntnisse besitzt, der die Leitkultur verinnerlichte usw., kurz der zur Staatsbürgerschaft und ihren sich wandelnden Zumutungen offiziell Zugelassene.
Ist also ein sehr relativer Begriff, an dessen tatsächliches Greifen einige Bedingungen geknüpft sind, so indikativisch auch Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes daherkommt.
3) Irgendwie einklagbar ist dieses Menschenrecht nicht so recht.
Aber als Waffe gegen auswärtige Souveräne entfaltet es eine gewisse propagandistische Stoßkraft vor allem bei Leuten, die außer ihrer Menschenwürde nicht viel vorzuzeigen haben.
Memorabile
Alltägliches in die Ebene des Sinnbildlichen erhoben.
Wünschenswert wären Memorabilien, die dem symbolischen Sprechen nachweisen, dass zwar von den täglichen Ohrfeigen viele Wege zum Kreuze kriechen, aber vom Kreuz nicht ein einziger zuverlässiger Weg in die herbeigeprügelten Ordnungsmuster.
Mentalität des Konservatismus
Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht. (Ebner -Eschenbach)
Nicht aber etwa deswegen, weil wir in der Tat das Aussehen der Welt geändert hätten, sondern weil wir vorsorglich schon gestern uns eine Sichtweise zugelegt haben, die uns auch morgen noch nicht alt aussehen lässt.
Die meisten Linken von heute sind ja so was von rechts!
Hallo, da draussen,
hiermit verabschiede ich mich wieder mal für drei Wochen in den indischen Himalaya (Darjeeling, Sikkim).
Nach dem 8.April melde ich mich wieder.
Euer rasender reisender Rentner.
Man spielt bei Lesarten ein pfiffiges Stückchen auf der Hermeneutik und rächt sein Gutdünken am Text.
Gern geübt an kanonischen Texten, die man immer dann unverdächtig symbolisch zu nehmen hat, wenn es peinlich zu werden droht.
Er aber antwortete und sprach: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden. Matthäus 15.13
Wahrlich, wahrlich ich sage euch: das Denken hat es schwer in dieser Welt.
Darum denket besser wie? Als ob ihr nicht gedacht hättet.
Am weitaus besten aber ist es, beim Nachdenken über die Zulässigkeit eines Gedankens disputierend zu verharren.
Lästerer
Der Pfaffe benutzt den Lästerer schamlos zum Beleg der unumgänglichen Wichtigkeit seiner Sache: solange so einer lästert, beschäftige der sich mit etwas, womit er noch nicht fertig sei.
Könnte es aber nicht auch sein, dass so einer Zeit hat und sie zum Zwecke allgemeiner Erheiterung nutzen möchte?
Sauertöpfische Dogmatiker kommen erst gar nicht auf den Gedanken, dass es ein Vergnügen am freien Gebrauch der geistigen Gliedmaßen geben könne.
Mag sein, dass der Schlaf der Vernunft Ungeheuer gebiert, aber ihre hellwache Betätigung hat bislang nur Ungeheures in die Welt gekreißt.
Kein Wunder, dass die Sicht des Klassenclowns so beliebt ist: jede Missgeburt ein liebenswertes Geschenk an die Menschheit.
Katastrophismus
Die Umkehrung der einst gepredigten Heilserwartung. Fester Bestandteil jeder politischen Theologie.