Naseweisheiten
Die Rhetoriker unter uns wissen es, wollen sich das aber nicht gern eingestehen: ihres ist das Anliegen der moralischen Begutachtung verabfolgter Politik, also ein Hinterher.
So lange sie gut über Schlechtes reden, fliegt unser Herz ihnen entgegen. Sie sind die fleischgewordene Protest - Kultur.
Kultivieren kann man nur Unpraktisches.
Angesichts dessen ist es ganz schlecht, wenn sich die rhetorische Rache des kleinen Mannes als aktive Prägerin eines Habitus, also als ein Vorher besserer Praxis missversteht.
Sollte nämlich auf Seiten der tatsächlich Mächtigen begründeter Verdacht bestehen, dass einer es ernst meint und sollte so einer - tatsächlich oder vermeintlich - zu einer handlungsleitenden Praxis aufrufen, die unmoralischerweise das Geschäft und seine leitenden Angestellten stört, hat natürlich die Kultur ihre poetischen Lizenzen verwirkt und heißt ab sofort „Grundgesetz Paragraph (schaut doch selber nach)“
Weil mich das Leben bestrafte, wenn ich mir hierzulande die exotischen Illusionen leisten würde, die ich als Reisender in meiner Exterritorialität hätscheln darf, verfüge ich mich lieber an einen andern Ort: drei Wochen Sri Lanka.
Drei Wochen Funkstille.
Und außerdem hab ich dabei mein ganz persönliches Motiv des Noch:
Wenn erst die Jugend sich verzupft,
ziehn auch die frohen Tage,
und was du dann als Rente kriegst,
das ist noch sehr die Frage!
Ach, die Kanzlerin hat schon wieder mal nicht auf Schramms Moralpauke und Priols Witze gehört?
Und der Wallraff ist für Fairness auf dem Arbeitsmarkt? Obwohl da keiner groß drauf hört?
Und auf die kritischen Grobschmiede voller feynbeinigem Sinn für mehr Demokratie hört auch keiner außerhalb der Pfähle von Kleinbloggershausen?
Da treibt es auch die Politologenprofessores auf die Bühne, die ihnen die Welt bedeuten, und sprechen von einem „Gefühl der Ohnmacht“, das eine echte Gefahr für die demokratische Gesellschaft darstelle.
Also: nicht die reale Verteilung der massenhaften Erbärmlichkeiten der politischen Klasse an die erbärmlichen Massen ist das Problem, sondern das Gefühl der Verdrossenheit, das die Politisierten unter ihnen dabei beschleicht. Am Ende kriegen die noch eine Phobie und einen Verfolgungswahn dazu, und das Gesundheitswesen sieht sich von diesen Verrückten ungebührlich belastet.
Da muss man sich halt entscheiden: entweder man hegt seine Neurosen und tritt den zahlreichen Vereinen zur aktiven Verbesserung der verschlechterten Verhältnisse bei, oder man setzt sich hin und klärt das da draußen, worauf sich Gefühle normalerweise richten.
Könnte sein, dass dabei herauskommt, dass die Macht des Souveräns Volk darin besteht, sich seine eigene Ohnmacht alle vier Jahre ganz legal aufs Neue zu verordnen.
Die Wahrheit des Pilatus und Onans Zeugungsverweigerung haben mit der des philosophierenden Bürgers eines gemeinsam: sie sind von vornherein als unfruchtbare Bemühungen geplant.
Also bitte keine Klagen über den Spaß, den so was macht.
...
Und weil das leider so ist,
muss es Leute geben,
die auch nach seinem Abgang sicherstellen,
dass der von ihm vertretene richtige Gedanke
auch ohne Autoritätsbeweis
unbekümmert
weiterhin
von jeder Meinung abweichen wird.
Also da denkt einer, auf der Wiese liege ein Fußball, und haut mit voller Wucht das Leder ...
...in die Weite ...
Zumindest hätte das so werden sollen.
Statt dessen hält er sich jetzt die Zehen im unsäglichen Schmerz, weil das bloß eine als Fußball bemalte Steinkugel war.
Der Mann hatte also eine falsche Theorie über das herumliegende Zeugs da und tut gut daran, sie zu überarbeiten. Wenn er fertig ist, hat er eine richtige Theorie über ein Trumm verstandene Wirklichkeit.
Und wieso soll die nichts für die Praxis taugen?
Ist es nicht vielmehr so, dass eine Praxis nichts taugt, die sich auch von dem zweiten und dritten Tritt nicht darüber belehren lässt, dass es ohne Einsicht in das Wesen einer Sache nun mal nicht gut geht?
Übrigens weiß das auch jeder, der nicht daran denkt, sein Fahrrad zu schälen und mit einer Banane wegzufahren.
Nur bei den kitzligeren Sachen soll das partout nicht gelten.
Da haut der kluge Praktikus selbstzufrieden aber ergebnislos um sich, und merkt gar nicht, dass er sehr wohl eine Theorie hat, nämlich eine falsche. Und zieht über den Theoretiker her, den er mit seinem Tun hämisch scheitern macht, den Neunmalklugen.
Wahrlich, wahrlich ich sage euch, nur die theoriegeleitete Praxis taugt auch etwas in der richtigen Theorie.
Das bissel radikale Veränderung, das uns sehr gut täte, scheitert auch diesmal wieder nicht an den Dummköpfen, die sie hoffnungsvoll belabern, sondern an den einmalklugen Praktikern, die schlicht leugnen, dass sie bloß ihre dämlichen Theorien in der Welt realisiert sehen wollen.
- Eine wasserscheue Fähre hat nicht notwendigerweise ihren Beruf verfehlt.
Sie könnte auch ein Hovercraft sein.
- Wenn die Liebe die Antwort auf alles ist, dann muss solche totale Auskunftsfreudigkeit am Kaliber der gestellten Fragen gelegen haben!
- Der Hass ist so unproblematisch wie jedes andere Fortbewegungsmittel.
Problematisch sind nur der Chauffeur, die Mitreisenden und der Zustand der Strassen.
- Angesichts der historisch überlieferten, geschlossenen Weltbilder längst untergegangener Reiche bedauert man manchmal die Ausgesetztheit des wissenschaftlichen Zeitalters. Auch wollen die modernen Kathedralen in ihrer angestrengten Rhetorik nicht so recht von ihrer Schönheit überzeugen oder gar davon, dass der Aufwand sich gelohnt habe.
Solchen unschädlichen Rückfall ins Vorbegriffliche und dem Sich -Suhlen in umhegenden Ideologien und anderen Kitschecken sollte man nicht stören. Das ist reversibel.
Man kann hinter sein eigenes Wissen zurückfallen.
Das ist dann aber ein freiwilliger Rückfall des Wachenden in seinen heilenden Schlaf.
Früh genug wird man sich wieder fremd.
gibt man mir zu verstehen, stehe im schützenswerten Gegensatz zu den Unmenschlichkeiten des Systems.
Die Milieusicherheit des volkstümlichen „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ im eigenhändig erstellten Sinnzusammenhang sei dem Denken des großen Ganzen vorzuziehen?
Das ist eine hilfreiche Handreichung für die Identitätsstiftung der linken Leute von rechts.
Denn das verpasste Problem ist doch, dass das große Ganze schon in jeder lebensweltlichen Regung drin sitzt, und was so authentisch im Baumarkt sich tummelt, ist die Fortschreibung des Gesetzes in den eigenen Leib.
Da braucht doch gar kein Polizist hinter jedem Kirschbaum zu lauern, wo jeder weiß, dass alles , worauf auch immer dein Blick fällt, Eigentum ist. Seltenst deines.
Auch wer den Begriff seines schönen Lebens in der schlechten Welt nicht weiß, das Rumpelstilzchen „Ausschluss von allem“ kichert gleichwohl, und lässt in jeder rabiaten Ausgrenzung grüßen.
Zum Stand der bürgerlichen Ideale
Der Krieg ist durchgesetzt als Friedenssicherung.
Die Künste des Sparens und Einteilens gelten als Freiheit der Wahl.
Die allgemeine Verunsicherung ist hergestellte soziale Gerechtigkeit.
wollen jene aufsässigen Nullen entdeckt haben, die rechts hinter einer führenden Nullität nicht vor dem Gedanken eines über nichts herrschenden Nichts zurückschrecken.
Die einzige real existierende Meinungsdiktatur mit Anspruch auf nähere Befassung liegt dann vor, wenn einer partout sich selbst seiner Meinung zum Sklaven entselbstet. Das ist aber seit jeher als Altersstarrsinn bekannt.
Da müssen die Verbalradikalinskis was mißverstanden haben:
Eine herrschende Meinung gibt es doch nicht deswegen, weil sie von eigenen Gnaden Meinung ist.
Die da stolz verkünden, sie jedenfalls gingen mit offenen Augen durch die Welt, kriegen nie das mit, was sich derweil hinter ihrem Rücken abspielt.
fragen mich saudumme Plakate von Gesellschaftern, die eine „Aktion Mensch“ am Laufen haben.
Als ob es da was aus einem Quelle-Gesellschaftskatalog rauszusuchen gäbe.
Wenn ich keine andere kriegen kann, wofür diese konstruktiven Initiativler schon sorgen werden, dann doch am liebsten in meiner.
Früher war die Werbung bloß ein „lächelndes Aas“, in diesem Ramschladen der "Werte für lau" ist sie ein zynisch grinsendes Luder.
Aussichtslos von hoher Aussicht
Ich erinnere mich eines eindrucksvollen Satzes meines Deutschlehrers, auf dessen Expectorationen ich immer besonders acht hatte, um ihn auf Ungereimtheiten zu ertappen:
„Wer nicht Kartenspielen kann, ist kaum lebensfähig.“
Auf diese Empfehlung hin hatte ich seinerzeit gegen den intelligenten Stumpfsinn als Lebenspraxis in der selbstgewissen Überlegenheit des Geistes über die bewusstseinsmächtige Praxis vermeldet:
„Genau. Wer sich nicht freiwillig auf das angesagte Territorium des Trumpfens und Stechens begeben will, soll besser gleich in die bereitstehenden Klöster des Geistes gehen.“
Ein paar Gedankengänge weiter ereilte mich aber eine objektive Gewissheit, nämlich der Geist des obstinaten Beharrens auf dem leidvoll, aber verhältnismäßig erfolgreich Eingeschliffenen, eben der Geist aller Zeiten.
Und davon soll ich mir das Maul stopfen lassen?
Vermutlich wiederhole ich mich.
Aber aus gegebenem Anlass, nämlich wegen des Geredes von dem christlich- jüdischen Prägestock, unter dem wir handliches Münzgeld eine saubere Prägung verpasst bekommen haben, möchte ich doch auch meinen Beitrag zur engagierten Debatte leisten, indem ich nämlich eine meiner denkwürdigen Begegnungen mit der Prägung in Form einer kleinen Reminiszenz weitergebe.
Also das war bei der Bundeswehr, wo wir mündigen Staatsbürger und verwöhnten Gymnasiasteln auf den Stand der modernen Kriegskunst gebracht werden sollten.
Einer unserer begnadeten Lehrer ließ uns brüllend wissen, dass wir beim Strammstehen gefälligst „die Arschbacken zusammenzudrücken hätten, dass aus einem dazwischen befindlichen Fünf-Mark-Stück die Prägung gepresst würde.“ (Ich tradiere diesen Befehl eines Umprägungsvorgangs nur sinngemäß. Die tatsächlich Fassung im O-Ton ist unter honetten Leuten nicht üblich.)
Da dies offenbar zum erwartbaren Grundbestand an zivilisatorischen Techniken in unserer christlich-abendländischen Kultur gehört, bin ich guten Mutes, dass es doch ein Leichtes sein müsste, das bisschen - uns in der Münze der Staats - Relegionäre (sic!) verpasste - Aufgeprägte durch einfaches Strammstehen einfach platt zu machen.